„…..Eine lauschende Versenkung horcht auf die lautlose Sprache des Unsichtbaren und zeichnet sie im Sichtbaren auf…..“

Dr. Walter J. Hofmann, „Zeichner in Düsseldorf, 1955-1985“
Katalog Kunstmuseum Düsseldorf


Die Bildauffassung Brigitte Dümlings enthält eine Perspektive auf vergangene Zeit. Das Bild entsteht dort, wo schon etwas gewesen war, wo etwas durch den Raum in die Dinge hinüberfloß und dort weiterwirkt. Das schafft die mediale Präsenz dieser Bilder. Sie sind heraufbeschworene Anschauung. 
Diese Zeichnungen sind wie Verlautbarungen eines geheimen Wesens. Um seine Äußerungen aufzuspüren, braucht es gleichsam ein hörendes Auge. Eine lauschende Versenkung horcht auf die lautlose Sprache des Unsichtbaren und zeichnet sie im Sichtbaren auf. Auch die Farben beginnen lautlos zu sprechen und künden von gewesenen Klarheiten, bleichen Spiegelungen. Abgelauschte Farbtöne, herangewehte Farbklänge, erlauschte Farbstimmen. Die Intensität des Durchgestandenen hat diese Gesichter imprägniert. Züge des Erlittenen, aber auch stärkende Kräfte sind in sie hineingeströmt. Das ist ihre Aureole, die sie durchstrahlt gleich lebendig gewordenen  Masken.
Was aus der Zeichnung der Farbe zufällt, ist die Erfahrung, daß auch die Farbe ein farbiges Gesicht annehmen kann. Mit dieser Räumlichkeit des Farbigen ist seine Gesichtshaftigkeit entdeckt, und so, als Raumgesichter des Farbigen, erscheinen diese Bilder. Farbfindung bedeutet dabei  Bildfindung. Intensives Farbsehen und intensives Bildsehen werden eins. In gewisser Weise geschieht eine Umkehrung des alten Bildbegriffs. Stets gab sich zuerst ein Bild und dann dieses Bild in seiner Farbigkeit zu erkennen. Jetzt läßt die Farbe allein das Bild hervorgehen, ist das Farbige bilderzeugend geworden.
Das Geheimnis dieser Kunst ist das Dunkel. Alle ihre Gestalten sind da hindurchgegangen. Das verleiht ihnen jenen schweren, fragenden Ernst. Doch schafft es ebenso Verweise auf ein Anderes, ein Gegenüber jenseits des Dunkels, den Ausdruck unaufhörlicher Suche.
Katalogtext  zu:  „Zeichner in Düsseldorf, 1955-1985“, Kunstmuseum Düsseldorf, Graphische Sammlung  1985 Dr. Walter J. Hofmann (Professor für Kunstgeschichte an der Kunstakademie Düsseldorf)

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